26. Januar 2018 - Badische Zeitung
Theater auf drei Quadratmetern
MENSCHEN UND MASKEN: Reichenbacher Komödianten bieten Narrieté-Programm auf der kleinsten Bühne in der Schergass.

Das Narrieté-Ensemble bereitet sich für den Bühnenauftritt vor (jeweils von links): Armin Furtwängler, Günter Singler, Norbert Gutheil, Gisela Heitzmann, Beate Maier und Martina Gür. Foto: Wolfgang Beck
LAHR-REICHENBACH. Mit gespielten Witzen und lustigen Sketchen sorgen ein halbes Dutzend Komödianten vom Narrieté-Ensemble der Reichenbacher Fasent beim Schergassen-Jahrmarkt für Spaß und gute Laune. Ihr großer Auftritt auf kleiner Bühne findet am Fastnachtssonntag und Rosenmontag statt. Wo? In der Richebacher Schergass‘, dem Epizentrum des fastnächtlichen Treibens, das 1928 beim ersten Jahrmarkt vor neunzig Jahren seinen Auftakt nahm. So alt wie die Dorffasent sind die Akteure nicht, die auf der Narrieté-Bühne ihre Späßchen treiben. Gestandene Männer und Frauen, ein halbes Dutzend gehört zum engeren Zirkel, nochmals so viele ergänzen das Comedy-Team als Türsteher, Platzanweiser, Vorhang- oder Kulissenschieber. "Wir spielen auf der kleinsten Bühne der Welt", beschreibt Norbert Gutheil das zweitägige Theaterspektakel in der Garage der Schergass‘, das als Narrieté-Programm mittlerweile Kultstatus erlangt hat.
Die drei Männer der ersten Stunde sind Norbert Gutheil, Armin Furtwängler und Günter Singler. In den weiteren 30 Jahren hat der Komödiantenstadl weiteren Zuwachs bekommen. Die ganze Truppe fiebert dem Auftritt auf der Narrenbühne entgegen. Derzeit befindet sich die Narrieté-Gruppe in der heißen Vorbereitungsphase. In zwei Wochen ist es soweit. Vordenker im Ensemble ist Norbert Gutheil. Er erzählt von den Anfängen der Jugendgruppe in der Pfarrgemeinde in Reichenbach, die sich 1989 für die ersten Fasnachtsauftritte formierte. Drei Akteure sind im Jubiläumsjahr immer noch dabei. "Wir feilen noch am Bühnenprogramm", erzählen die Laienspieler mit einem ausgeprägten Hang zu Witz und Blödelei. Nur so viel sei verraten: Witze und Sketche gibt es am Fließband. Die Themen sind so vielfältig wie das Leben selbst. Und: Eine Pointe ist immer dabei. "Im Voraus wird nichts verraten", sagen die Akteure. Etwa eine halbe Stunde dauern die Vorstellungen. Exakt 426 Personen, junge und alte, haben sich das Programm beim letzten Jahrmarkt angesehen. Am Rosenmontag gab es sieben Vorhänge mit 268 Besuchern, rechnet Gutheil vor. Die Hutspende sei "gewaltig" gewesen, sagen die Akteure mit einem Augenzwinkern: im Schnitt 1,05 Euro pro Person.
Norbert Gutheil, heute 57 Jahre alt, hat das Theaterspielen mit der Muttermilch eingesogen. Seine Schauspieltalente stellt der Reichenbacher zuweilen auch auf der Theaterbühne im Pfarrheim Sankt Stephan unter Beweis. Premiere für die drei Männer aus der Jugendgruppe war im "Komödienstadl" 1989, wie damals das närrische Theater in der Schergass‘ hieß. Der Schauplatz war damals wie heute der gleiche: eine Doppelgarage, die einst der Reichenbacher Doktorin Lilli Sasse gehörte. "Seither sind wir vom Theater-Virus befallen", beschreiben die Akteure ihre Lust am närrischen Varieté, das jetzt Narrieté heißt. Weil die drei Initiatoren das Programm nicht alleine stemmen konnten, hielten sie Ausschau nach weiteren Fasnachts-Verrückten. Ein Dutzend Akteure vor, auf und hinter der Bühne stehen dem Ensemble zur Verfügung. Einmal will es vor dem Auftritt noch proben. "Der Rest ist Improvisation", sagen sie.
Die Theaterbühne ist in einer Doppelgarage. Die Requisiten sind gerichtet: Perücken, Polizeiuniformen, Krawatten, Skihosen und vieles mehr. Die Herausforderung: Alle Handlungen spielen sich auf einer Bühne von drei Quadratmetern ab. Der Vorhang geht aus Platzgründen nicht von rechts nach links, sondern von oben nach unten. Das Umziehen passiert auf weiteren drei Quadratmetern. Da kann es schon einmal passieren, dass Akteure im engen Stadl durch die Kulissen fliegen. Eingeübt ist längst auch das Begrüßungslied: "Herzlich Glückwunsch zu dem Entschluss,/der einem jeden kommen muss,/vergessen wir das Leben, das auch so harte,/ herzlichen Glückwunsch zur Eintrittskarte", kennt Gutheil den Text auswendig. Die weiteren Akteure sind Gisela Heitzmann, Beate Maier und Martina Gür. Letztere hat eine steile Karriere hinter sich: von der Türsteherin zum Narrenspieler auf der kleinsten Bühne in der Schergass‘. Anstehen beim Narrenspiel in der Schergass‘ wird vorhergesagt. Nur 60 Personen haben Platz.
15. November 2017 - Badische Zeitung
Blutwurst und Metzelsuppe
Fasentauftakt im Nörgler: Volles Haus beim Schlachtfest der Reichenbacher Schergässler.
Noch ein Schlag Kartoffelbrei und auf dem Teller ist kein Platz mehr frei. Foto: heidi fössel
LAHR-REICHENBACH. Zu Martini verlieren nicht nur zahlreiche Gänse ihr Leben. Traditionell führen die Reichenbacher Schergässler im November eine Sau zur Schlachtbank. Am elften Elften, wenn andernorts die närrischen Tage starten, schreiten die Schergässler in den frühen Morgenstunden zur Tat. Mit vereinten Kräften, und unter der bewährten Regie von Jürgen Wieseke, Achim Meier und weiteren Helfern führten sie im weißen Metzgerkittel eine zweieinhalb Zentner-Sau zur Schlachtbank. Das Objekt der Begierde stammte vom Dorner-Hof in Kippenheimweiler. Dort wurde die Sau zur Strecke gebracht. Auf die deftigen Schlachtessen warteten zur Mittagszeit weit über 150 Hungrige im Zunftlokal Nörgler, in dem zum 15. Mal zum Schlachtessen eingeladen wurde. Etwa 170 Portionen Blut- und Leberwürste samt Kesselfleisch und Metzelsuppe gingen über die Theke, außerdem reichlich Sauerkraut und Kartoffelbrei. Die opulenten Portionen waren im Nu verspeist. Zur Abrundung gab’s badischen Moscht und zünftige Obstwässerle. "Der Auftakt in die fünfte Jahreszeit hätte nicht besser ausfallen können", sagte am Samstag Oberzunftmeister Thomas Fischer, der sich mit seinem Vize Armin Furtwängler darüber freute, dass die Traditionsveranstaltung einmal mehr gut angenommen wurde und der Nörgler proppenvoll war.
Anteil am Gelingen hatten auch Martin Meier, Iris und Peter Bleicher, die nicht müde wurden, großzügig die Teller zu füllen. Wie in den Vorjahren steuerte Peter Bleicher sein Spezialrezept für das Sauerkraut bei, das in der Zusammensetzung auch in der 15. Auflage sein Geheimnis blieb. Geschätzte 170 Schlachtplatten wurden verspeist. "122,5 Kilo Schlachtgewicht", bestätigte Wieseke zur Mittagszeit. "Es schmeckt wieder vorzüglich", hießt es in der geselligen Runde. Dazu gesellt hatten sich auch Nachbarn aus Kuhbach, aus Seelbach, vom Golfclub im Gereut und anderen örtlichen Vereinen. In fröhlicher Runde bestand genügend Zeit, um Pläne für die bevorstehende Kampagne zu schmieden. Nach dem Jubiläum anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Schergässler, der Einweihung des Narrenbrunnens auf dem Lindenplatz sowie dem Konvent des Verbandes Oberrheinischer Narrenzünfte (VON) im Oktober richteten die organisierten Narren ihren Blick bereits auf die kommende Kampagne. In der warten zahlreiche Feierlichkeiten auf Einheimische und Besucher: 2018 feiert die Zunft in der Narrenhochburg 90 Jahre Richebacher Dorffasent. Der Jubiläumsumzug startet bereits am Sonntag, 14. Januar mit 3000 Hästrägern und Musikern. Der Zunftabend folgt am 27. Januar in der Geroldseckerhalle. Der zweitägige Schergassen-Jahrmarkt über die eigentliche Fasent am 11. und 12. Februar 2018.
17. Oktober 2017 - Badische Zeitung
Großes Lob für die Schergässler
Professionelle Organisation.
LAHR-REICHENBACH (wob). Närrische Verbandsarbeit ist anstrengend – besonders nach einem fulminanten Auftakt zum Herbstkonvent wie am Samstag in der Narrenhochburg Reichenbach. "Partnerprogramm, Narrenhock und Bunter Abend waren grandios", lobte VON-Narrenmeister Klaus Peter Klein die Organisatoren aus Reichenbach beim 73. Herbstkonvent am Sonntag in der Geroldseckerhalle. 80 Zünfte und deren Delegierte hatten teilgenommen.
Dass Fastnacht auch tierisch ernst sein kann, zeigte der weitere Verlauf der Verbandsversammlung. Die musikalische Begrüßung nahm der Musikverein Reichenbach unter Manuel Gruber mit dem Badnerlied vor. Narrenmeister Klaus Peter Klein führte in die Regularien ein und stellte unter Beweis, dass Konvents-Versammlungen einem strengen Protokoll folgen. Vor dem regulierten Brauchtum entbot Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller den Gruß der Stadt Lahr. Ein dickes Lob gab es für die Gastgeber. Oberzunftmeister Thomas Fischer dankte den rund 200 aktiven Helfern aus der eigenen Zunft für die Organisation. Narrenmeister Klein gab bekannt, dass der Verband die Jugendarbeit seiner Mitgliedszünfte besser unterstützen will. Erste Veranstaltungen seien auf den Weg gebracht worden. Dass der Verband auch finanziell gut aufgestellt ist, bestätigte Schatzmeister Horst Schleith. Einstimmig votierten die Vertreter auch für die Vergabe des Konvents 2018 an die Narrenzunft Schonach, für die sich am Sonntag deren Oberzunftmeister Johnny Kienzler und Bürgermeister Jörg Frey bewarben.
Ehrungen: Vorstandsmitglied Rainer Kimmig aus Oberkirch wurde für 44-jährige aktive Fasent mit dem Orden "E halbs Lebe" ausgezeichnet. Mit dem goldenen Verbandsorden wurde Dirk Hässler von der Fasentzunft Freiburg-Oberwiehre ausgezeichnet. Den silbernen Verbandsorden erhielten Marion Kirsch aus Neuenburg und Marko Hipfel aus Neustadt. Narrenmeister Klaus-Peter Klein erhielt von Ortsvorsteher Klaus Girstl zur Erinnerung an die Austragung des 73. Herbstkonvents in Reichenbach einen in Ton gegossenen Lahrer Hinkenden Boten.