13. Februar 2017 - Badische Zeitung
Fünf Stunden Frohsinn und Blödelei
56. Zunftabend der Schergässler: Über 500 Besucher erlebten ein hochkarätiges Programm zum 60-jährigen Bestehen der Zunft.
Die Maxis präsentierten – passend zum Jubiläum – Tanzstile der vergangenen 60 Jahre. Foto: Wolfgang Beck
LAHR-REICHENBACH. Der Zunftabend der Schergässler hat am Samstag in der Gerodseckerhalle auch in seiner 56. Auflage nichts an Anziehungskraft eingebüßt: Ganz nach der Devise "Kumm und lach in Richebach" wurde der Brauchtumsabend im Jubiläumsjahr der Schergässler zum fünfstündigen Feuerwerk bester Unterhaltung.
500 Besucher ließen sich in der Geroldseckerhalle vom närrischen Virus am Schutterstrand anstecken. In einer fünfstündigen Non-Stop-Show bewiesen die Akteure einmal mehr ihre Extraklasse im närrischen Gewand: Sie entfachten im Minutentakt ein Feuerwerk an Frohsinn, Komik und Klamauk. Die Darsteller waren allesamt Eigengewächse. Von den Minis und Maxis bis zu den alten Hasen kamen sie durchweg aus der Narrenhochburg Reichenbach. Gelüftet wurde beim bunten Narrenspiel das im Ort bestgehütete Geheimnis, wer als Baronspaar in den närrischen Tagen am Schutterstrand regiert: Axel I. (Axel Himmelsbach) und Monika II. (Monika Tränkle) heißen die Regenten, die das Zepter in der fünften Jahreszeit in Reichenbach schwingen.
Auf der Bühne legten sich vor reichlich Lokalprominenz Oberzunftmeister Thomas Fischer, Zunftmeister Armin Furtwängler und Zunftrat Jens Jägle-Enders mächtig ins Zeug. Sie führten mit Witz und Ironie durchs bunte Unterhaltungsprogramm, das erst in den frühen Morgenstunden endete. Mit einem kecken Auftritt zeigte schon der Narrensamen der Mini-Minis, dass sie sich auch unter Wasser wohlfühlen. Katja Bohy, Nicole Weinrich-Dold, Michaela Lauer und Steffi Kappus erwiesen sich als Ideengeber für den Ritt durch die "Unterwasserwelt", die beim Publikum gut ankam. Scharfzüngige Reden lieferte einmal mehr der Lahrer Hinkende Bote. Rolf Hügel las dabei dem Narrenvolk im Saal gehörig die Leviten. Er beleuchtete die politische Großwetterlage und sparte auch in der Kommunalpolitik nicht mit Kritik.
Eine musikalische Revue mit viel Pepp und flotten Schritten zauberten die Maxi-Minis auf die Bühne. Der Streifzug durch die Jahrhunderte der Musik und des Tanzes war ein echter Hingucker. Tanja Stürmer und Nicole Joos hatten mit zwei Dutzend Mädchen eine Performance einstudiert, die mit Hits und Schlagern gespickt war.
Mit dem "närrischen Jahresrückblick" bewies Tanja Mühlhaus erneut, dass sie das Showgeschäft versteht und mit dem Publikum charmant kokettiert. Die "Grande Dame" der Fasent nahm mit spitzer Zunge und urbadischem Dialekt das Jahresgeschehen rund um den Erdball ins Visier. Die Reichenbacher Frohnatur, die ihr Herz am rechten Fleck hat, hielt den Zeitgenossen in vielen Facetten den Spiegel vors Gesicht. Ihre treffsicheren Texte und Lieder, bei denen sie von Reiner A. Kammerer am Keyboard begleitet wurde, trafen stets ins Schwarze.
"Fasent als Lebensgefühl" demonstrierten nach dem klassischen Schergässler-Tanz (Leitung Katja Schuhmacher) "Die Neuen", die längst zu altbekannten Spaßmachern der Reichenbacher Fasent gehören. Oberzunftmeister Thomas Fischer (Text) und Jürgen Glatz (Musik) setzten sich als Vogelgestalten mit lustigem Gefieder und Ohrwürmern in Szene und wurden dabei von den anderen "komischen Vögeln" Beate Maier, Armin und Gerd Furtwängler sowie Patrick Decker unterstützt. Das Vogelgezwitscher der "Neuen" auf den geschmückten Fasentbändle am Schutterstrand entpuppte sich als gelungenes Revival bekannter Fasnachtslieder, die zum Schunkeln reizten und nur noch im Klatsch von den Tratschwiebern Gisela Heitzmann und Christa Reithler übertroffen wurde.
Paula und Anna wussten den neusten Klatsch im Dorf, der selbst Eingeweihte überraschte, während das Buurequartett mit Timo Haag, Patric Bohy, Mirko Sahl und Daniel Moser den Schlussakkord einläutete. Die vier Barden holten sich mit Harry Gyssler einen "Buur der ersten Stunde" dazu und boten viel Blödelei. Derb, urbadisch, aber gesanglich voll fit, zog das Quartett alle Register und bewies bis zum Finale, dass sie von Kopf bis Fuß echte Richebacher sind. Ohne Zugabe kamen sie – wie auch die anderen närrischen Akteure – nicht von der Bühne.