25. Februar 2017 - Badische Zeitung

Abruptes Ende des Nachtschlafs

Die Hamperle vom Schutterstrand ziehen in den frühen Morgenstunden mit Rätschen-Lärm durch das Narrennest.

Die Fasent-Wecker von Reichenbach sind mit ihren Rätschen vorbereitet auf ihre Aktion (von links): Rolf Welle, Martin und Volker Pfeiffer. Foto: Wolfgang Beck

LAHR-REICHENBACH. Die Wecker aus Reichenbach verbreiten mit ihren Rätschen einen Höllenlärm. Rolf Welle, Martin und Volker Pfeiffer & Co. ziehen in Hamperle-Kluft und als "Wecker vom Dienst" am Sonntag in den frühen Morgenstunden durch das Narrennest. Ihr ehrgeizig formuliertes Ziel, das sie sich bei Lärm und Gejohle gesetzt haben: Möglichst vielen Reichenbachern den Nachtschlaf rauben.

Für die närrischen Tage hat Rolf Welle Urlaub genommen. Fasnacht ist dem gelernten Energie-Elektroniker und Zwei-Wege-Bagger-Fahrer heilig. Zusammen mit Martin und Volker Pfeiffer erzählt der 45-Jährige vor ihrem Einsatz, wie vor mehr als 25 Jahren die Gruppe der Wecker in Reichenbach entstanden ist. "Rein aus Gaudi", sagt Welle, das Schergässler-Häs habe man einfach abgestreift. Fortan sei an Fasent die Hamperle-Kluft getragen worden, unsortiert aus der Klamottenkiste. "In der Kluft sind wir heute noch unterwegs", erzählt der Spaßmacher von Reichenbach.

Viel Gaudi soll es auch in der Nacht von Samstag auf Sonntag geben. Da wollen die Erznarren die Reichenbacher aus dem Schlaf holen. Aus acht Weckern und mehr besteht die Gruppe seit 25 Jahren. "Im letzten Jahr haben wir uns selbst einen Orden umgehängt", erzählen die Wecker der ersten Stunde. Vor ihnen liegen die Rätschen, die am Sonntag zum Einsatz kommen. Sie werden nur noch von einer ganz großen Rätsche übertroffen, die über die Straße geschoben wird. "Die stammt vom Knäckes", sagen die eingefleischten Wecker und meinen Axel Himmelsbach, den gelernten Zimmermann, der in diesem Jahr nicht dabei sein kann, weil er als Baron Axel I. die Regentschaft über die Narrenhochburg Reichenbach übernommen hat. In seiner Eigenschaft als Baron erwartet er mit Baronin Monika II. am Sonntag den Ansturm der gesamten Wecker-Truppe auf die Baronstrotte, die in der Fliederstraße aufgebaut ist.

"Das gehört zu unserem Ritual", sagen die drei "Rätscher vom Dienst", denen Hausherr Frank Bodo Wetzel mit einem weiteren Lärminstrument aushilft, um das Wecker-Trio für das Gruppenfoto mit drei Rätschen zu vervollständigen. Wetzel, in der Vergangenheit selbst etliche Male beim Weckdienst dabei, freut sich mit den Narren auf den Schabernack. "Im Laufe der Zeit hat sich die Gruppe immer mal wieder verändert", berichten die Wecker. Sie vergessen dabei nicht, dass einst die Fasentgruppe "Waggili" mit ihrem Bimmel-Bähnle und lautem Sirenenlärm durch den Ort gefahren ist, um die Reichenbacher zu wecken.

Mit sieben Weckern rechnen Welle und die zwei Pfeiffer-Brüder am Sonntag bei ihrem nächtlichen Einsatz. Um vier Uhr ist Treffpunkt im Oberdorf, dann geht es nach einem kleinen Umtrunk mit Geschepper und Getöse in Richtung Dorfmitte. In den Fronmatten wartet Ortsvorsteher Klaus Girstl auf die "Ruhestörer". Dort gibt es Nudelsuppe und Speckeier, wie in den Vorjahren auch. Auf dem Weck-Plan steht dann das Baronspaar samt Trotte sowie eine ganze Reihe weiterer Stationen im Ort. "Lassen wir uns überraschen", sagen die Wecker. "Wir sind auf alles vorbereitet". Dazu gehört in dieser Saison ganz sicherlich der Besuch der Narrenmesse in der Pfarrkirche Sankt Stephan, ehe es zum großen Fasnachtsumzug am Nachmittag geht, wo die Wecker natürlich nicht fehlen dürfen.

18. Februar 2017 - Badische Zeitung

Vor der Fasent laufen die Nähmaschinen heiß

Seit 23 Jahren schneidern sich die Reichenbacher Schorlewieber ihre Kostüme für die Fasent selbst – in diesem Jahr soll es besonders bunt werden.

Zwei arbeiten an der Nähmaschine und der Rest trinkt Schorle und schaut zu. Das ist allerdings nicht Alltag bei den Reichenbacher Schorlewiebern vor der Fasent, sondern nur für die Badische Zeitung gestellt. Foto: Privat

LAHR. Mode beeinflusst das tägliche Leben. Mal offensichtlich, mal eher versteckt, beim einen mehr, beim anderen weniger, aber keiner kann sich ihr komplett entziehen. Die Badische Zeitung stellt in der Serie "Mode in Lahr" verschiedene Facetten und Menschen der Modewelt in und aus Lahr vor. Heute: die Schorlewieber aus Reichenbach schneidern jedes Jahr ihre Fasentkostüme selbst.

Ein Wohnzimmer in Reichenbach an einem Abend wenige Wochen vor dem Fasentsamstag: Von der Decke baumeln Luftballons und Luftschlangen, im Hintergrund läuft leise Musik. Sie geht fast unter im Geratter zweier Nähmaschinen und den lebhaften Gesprächen der Anwesenden. 13 Frauen haben sich um einen großen Holztisch versammelt, stecken Nähte ab, sortieren Anstecknadeln, diskutieren, lachen. Für die Schorlewieber geht es auf die Zielgerade zu, noch eineinhalb Wochen haben sie Zeit, um ihre Kostüme für die diesjährige Fasent fertig zu bekommen. "Wir arbeiten besonders gut unter Druck", sagt Henriette Schüssele augenzwinkernd und justiert ihre Nähmaschine neu. Für jedes Jahr denken sich die Damen ein neues Motto aus, das sie dann kreativ und unkonventionell umsetzten. "Das Motto für dieses Jahr haben wir schon seit ein paar Jahren im Kopf, waren uns aber bisher unsicher, wie wir es umsetzen sollen. Manchmal brauchen Ideen eine Weile, bis sie an der Reihe sind, bei anderen wissen wir sofort, wie wir sie verkörpern wollen. Eins ist aber klar bei uns: Je mehr Schorle, desto besser die Ideen", erklärt Anita Isenmann-Ferrante lachend und schwenkt ihr Glas. Die Umsetzung sei dabei immer ein Gemeinschaftsprojekt. Jeden letzten Donnerstag im Monat treffe frau sich und arbeite an der nächsten "Kollektion". Jede habe dabei Ideen und bringe sich ein mit dem, was sie am Besten könne: "Die, die nicht so gut an der Nähmaschine sind, müssen eben unsere falschen Nähte wieder auftrennen."

Die Schorlewieber sind bekannt für ihren Stil: "sauigelig, rustikal, bloß nicht schön", so beschreiben sie selbst ihn. Dafür legen sie sich mächtig ins Zeug. "In einem Jahr haben wir einen Aufruf im Gemeindeblatt gestartet und haben alte Gardinen gesammelt. In einem anderen Jahr für das Thema Almabtrieb mussten wir Kuhhörner auskochen. Puh, die ganze Wohnung hat gestunken!" Ein Koffer wird aus dem Keller geholt und auf den Tisch gehievt, farbige Stoffe quillen heraus: schwerer Mantelstoff, blauer Samt, buntes Patchwork, Röcke, Strickpullis, Kniebundhosen und Capes. Mit ihnen kommt die Erinnerung: "Die Hosen sind noch vom Motto Knabenchor, meine ist damals beim Waschen eingegangen" und "Oh, und die Strickpullis haben wir für die chinesischen Hochstapler gemacht! Die hatten wir seither schon ein paar Mal im Einsatz".

Aber was war eigentlich das erste Kostüm der Schorlewieber? "Angefangen hat alles vor 23 Jahren, als wir – Bettina Hilberer und ich – am Fasentdienstag als Schorlekrafttrinker unterwegs waren. Ab da waren wir die Schorlewieber", erzählt Ute Braun. Zu acht waren sie und ihr erstes gemeinsames Kostüm im Jahr darauf waren – wie könnte es anders sein – Weinflaschen. Danach kamen Themen wie "Alte Fregatten", "Almabtrieb" oder "Gans in Weiß". Fast immer wird auch ein Lied dazu einstudiert: "Bei "Gans in Weiß" war es natürlich klar, da hatten wir Glück, und der Wittelbacher Musikverein ist hinter uns gelaufen. Die haben dann immer unser Lied für uns mitgespielt." Für den Almabtrieb gab es sogar einen spontanen Schuhplattler. Unterwegs sind die Frauen in ihren Kostümen das ganze Wochenende: am schmutzigen Donnerstag, Fasentsonntag und am Fasentdienstag zur Verbrennug gehören sie zum närrischen Volk.

"Wir sind Fasentschneider", sagen sie dabei über sich selbst, für sie ist die Schneiderei das Mittel zum Zweck, für andere modische Unternehmungen setzten sie sich nur selten an die Nähmaschine. "Nur vor Fasent, da laufen die Maschinen heiß. Zu heiß manchmal. Nicht selten müssen sie hinterher zum Nähmaschinendoktor", bekräftigt Henriette Schüssele. Wie ihr Motto in diesem Jahr lautet, ist natürlich noch hochgeheim. Nur soviel haben sie verraten: "Dieses Jahr wird’s bunt" und "Obacht Lit, hebt Eure Teller fescht".

13. Februar 2017 - Badische Zeitung

Fünf Stunden Frohsinn und Blödelei

56. Zunftabend der Schergässler: Über 500 Besucher erlebten ein hochkarätiges Programm zum 60-jährigen Bestehen der Zunft.

Die Maxis präsentierten – passend zum Jubiläum – Tanzstile der vergangenen 60 Jahre. Foto: Wolfgang Beck

LAHR-REICHENBACH. Der Zunftabend der Schergässler hat am Samstag in der Gerodseckerhalle auch in seiner 56. Auflage nichts an Anziehungskraft eingebüßt: Ganz nach der Devise "Kumm und lach in Richebach" wurde der Brauchtumsabend im Jubiläumsjahr der Schergässler zum fünfstündigen Feuerwerk bester Unterhaltung.

500 Besucher ließen sich in der Geroldseckerhalle vom närrischen Virus am Schutterstrand anstecken. In einer fünfstündigen Non-Stop-Show bewiesen die Akteure einmal mehr ihre Extraklasse im närrischen Gewand: Sie entfachten im Minutentakt ein Feuerwerk an Frohsinn, Komik und Klamauk. Die Darsteller waren allesamt Eigengewächse. Von den Minis und Maxis bis zu den alten Hasen kamen sie durchweg aus der Narrenhochburg Reichenbach. Gelüftet wurde beim bunten Narrenspiel das im Ort bestgehütete Geheimnis, wer als Baronspaar in den närrischen Tagen am Schutterstrand regiert: Axel I. (Axel Himmelsbach) und Monika II. (Monika Tränkle) heißen die Regenten, die das Zepter in der fünften Jahreszeit in Reichenbach schwingen.

Auf der Bühne legten sich vor reichlich Lokalprominenz Oberzunftmeister Thomas Fischer, Zunftmeister Armin Furtwängler und Zunftrat Jens Jägle-Enders mächtig ins Zeug. Sie führten mit Witz und Ironie durchs bunte Unterhaltungsprogramm, das erst in den frühen Morgenstunden endete. Mit einem kecken Auftritt zeigte schon der Narrensamen der Mini-Minis, dass sie sich auch unter Wasser wohlfühlen. Katja Bohy, Nicole Weinrich-Dold, Michaela Lauer und Steffi Kappus erwiesen sich als Ideengeber für den Ritt durch die "Unterwasserwelt", die beim Publikum gut ankam. Scharfzüngige Reden lieferte einmal mehr der Lahrer Hinkende Bote. Rolf Hügel las dabei dem Narrenvolk im Saal gehörig die Leviten. Er beleuchtete die politische Großwetterlage und sparte auch in der Kommunalpolitik nicht mit Kritik.

Eine musikalische Revue mit viel Pepp und flotten Schritten zauberten die Maxi-Minis auf die Bühne. Der Streifzug durch die Jahrhunderte der Musik und des Tanzes war ein echter Hingucker. Tanja Stürmer und Nicole Joos hatten mit zwei Dutzend Mädchen eine Performance einstudiert, die mit Hits und Schlagern gespickt war.

Mit dem "närrischen Jahresrückblick" bewies Tanja Mühlhaus erneut, dass sie das Showgeschäft versteht und mit dem Publikum charmant kokettiert. Die "Grande Dame" der Fasent nahm mit spitzer Zunge und urbadischem Dialekt das Jahresgeschehen rund um den Erdball ins Visier. Die Reichenbacher Frohnatur, die ihr Herz am rechten Fleck hat, hielt den Zeitgenossen in vielen Facetten den Spiegel vors Gesicht. Ihre treffsicheren Texte und Lieder, bei denen sie von Reiner A. Kammerer am Keyboard begleitet wurde, trafen stets ins Schwarze.

"Fasent als Lebensgefühl" demonstrierten nach dem klassischen Schergässler-Tanz (Leitung Katja Schuhmacher) "Die Neuen", die längst zu altbekannten Spaßmachern der Reichenbacher Fasent gehören. Oberzunftmeister Thomas Fischer (Text) und Jürgen Glatz (Musik) setzten sich als Vogelgestalten mit lustigem Gefieder und Ohrwürmern in Szene und wurden dabei von den anderen "komischen Vögeln" Beate Maier, Armin und Gerd Furtwängler sowie Patrick Decker unterstützt. Das Vogelgezwitscher der "Neuen" auf den geschmückten Fasentbändle am Schutterstrand entpuppte sich als gelungenes Revival bekannter Fasnachtslieder, die zum Schunkeln reizten und nur noch im Klatsch von den Tratschwiebern Gisela Heitzmann und Christa Reithler übertroffen wurde.

Paula und Anna wussten den neusten Klatsch im Dorf, der selbst Eingeweihte überraschte, während das Buurequartett mit Timo Haag, Patric Bohy, Mirko Sahl und Daniel Moser den Schlussakkord einläutete. Die vier Barden holten sich mit Harry Gyssler einen "Buur der ersten Stunde" dazu und boten viel Blödelei. Derb, urbadisch, aber gesanglich voll fit, zog das Quartett alle Register und bewies bis zum Finale, dass sie von Kopf bis Fuß echte Richebacher sind. Ohne Zugabe kamen sie – wie auch die anderen närrischen Akteure – nicht von der Bühne.

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