20. Februar 2023 - Badische Zeitung

Die alten Waggili sind zum letzten Mal beim Fasnachtsumzug in Lahr-Reichenbach dabei

Die Waggili aus Reichenbach fahren seit einem halben Jahrhundert bei vielen Anlässen durchs Dorf. Am Sonntag bimmelt die alte Garde zum letzten Mal. Dann übernimmt die jüngere Generation.

Zwei Generationen arbeiteten beim Aufb...Reichenbacher Umzug nicht fehlen darf.  | Foto: Wolfgang Beck

Zwei Generationen arbeiteten beim Aufbau des Bähnles, das beim Reichenbacher Umzug nicht fehlen darf. Foto: Wolfgang Beck

Das Bähnle ist seit einem halben Jahrhundert der krönende Abschluss jedes Fastnachtsumzugs in Reichenbach. Hinter der Idee stecken neben vielen Vorgängern die Waggili, die mit geschwellter Brust, zünftiger Uniform und Mütze auf dem grünen Gefährt durch den Ort tuckern. Die Vorgeschichte von Waggili und Bähnle reicht bis in die 1960er-Jahren zurück. Angefangen habe alles mit 20 Jugendlichen, erzählt Capochef Albrecht Herr. Die Gruppe nahm als Hexen verkleidet am Fasentumzug in Reichenbach teil. Einige Jahre später löste sie sich auf.

Die Personen, die dann eine neue Gruppe auf die Beine stellten, aber dafür noch keinen passenden Namen hatten, waren Josef Disch, Walter Gyssler, Albrecht Herr, Rolf Hertenstein, Jimmy Himmelsbach, Karlheinz Rappenecker, der bereits verstorben ist, Manfred und Willy Singler sowie Albert Volk. Später sind Klaus Girstl, der heutige Ortsvorsteher, sowie Roland Mutschler dazu gekommen. Ihre Idee: Nach dem Vorbild von "Helau Hinterdorf" wollten sie große Umzugswagen bauen, die als Themenwagen am Fasnachtssonntag durch den Ort fahren.

1973 tauchte die Gruppe um Walter Gyssler erstmals mit einem großen Wagen beim Umzug auf und glossierte das Thema "Tempo 100 auf den Autobahnen". Sie gab sich damit nicht zufrieden. Dann begann die vor Tatendrang strotzende Gruppe sich mit dem historischen Bähnle zu befassen. Sie wusste, dass in Geiselhards Scheune Teile des Bähnle lagerten, aber lange nicht mehr bewegt worden waren. Aus der "spinnerten Idee" (Herr) wurde Wirklichkeit. Seine Kameraden erinnerten sich an ihre Kindheitstage, als eine Bahn – "Entenköpfer" genannt – schnaubend vom Ried über Lahr bis ins Schuttertal gefahren war. "Das bauen wir nach und fahren dann beim Umzug mit", lautete der kühne Plan, der aber nicht so leicht umzusetzen war. Zuerst mussten die fast unbrauchbaren Einzelteile grundlegend saniert werden. Den Traktor für die Lokomotive stiftete Otto Krämer aus Reichenbach. Etliche Einzelteile seien in dessen Scheune viele Jahre gelagert gewesen, erzählt Albert Volk. Die Malerarbeiten hatte der damaligen Reichenbacher Maler Berthold Trautwein übernommen.

1973 wurde das Bähnle erstmals auf seine Reise durch den Ort geschickt. Otto Krämer war es vorbehalten, auf dem Führersitz Platz zu nehmen. An manchen Fasnachtssonntagen fuhr das Bähnle durch die Narrenhochburg, um die Bevölkerung durch das Gebimmel der Glocke und das Geräusch der originalen Dampfpeife zu wecken. Auch der Kinderumzug am Rosenmontag war später ohne Bähnle nicht denkbar. Die Waggili konnten sich über einen Mangel an Arbeitseinsätzen für das historische Fahrzeug nicht beklagen. Daneben galt es für die Gruppe, aktuelle politische Themen, auch Figuren aus Film und Fernsehen, aufzugreifen. Sie wurden auf einem Tieflader oder als Fußgruppe im Ort präsentiert. Die Waggili waren auch bei der Fasentverbrennung dabei. Ein weiterer Höhepunkt der Waggili war 1989 die Feier zum 850-jährigen -Bestehen von Reichenbach: Mit dem Bähnle als Attraktion.

Zuvor hatten die Waggili beschlossen, das historische Bähnle von Grund auf zu erneuern – mit Originalplänen und unter fachmännischer Leitung von Zimmermeister Willy Singler. Seither sind die Waggili und das Bähnle fester Bestandteil der Fasent. Jetzt hören die älteren Waggili nach 50 Jahren auf und geben ihr Wissen an die jüngere Generation weiter. Das sind Christian Disch, Andreas Girstl, Dominik Gyssler, Sven Hertenstein, Pascal Heuberber, Simon Moser, Philipp Rappenecker und Dominik Schuhmacher. "Es geht weiter" war im Ort zu hören. "Wir haben schon gedacht, das Bähnle fährt nicht mehr", sagte Annette Baader aus Reichenbach, die vor lauter Freude den Waggili Kuchen und Brezeln spendierte.

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